Sonntag, 16. September 2012

Aus und Vorbei (1)



Noch zwei Tage in Japan und eine seltsame Melancholie überkommt mich, sobald ich einen Fuß vor die Tür setze. Ich denke dann daran, wie ich vor fast genau einem Jahr hier ankam. Wie nach und nach die seltsame Szenerie mit den kleinen Häuschen und den allgegenwärtigen Stromleitungen Alltag wurde und ich mich irgendwann fühlte, als käme ich "nach Hause", wenn ich mit dem Rad den Berg nach Yamashina überwunden hatte. Übermorgen endet ein einmaliger Abschnitt meines Lebens unwiderruflich und ich gehe zurück in mein neues altes Leben. Schwer fällt mir der Abschied von Japan nicht, zu Hause warten geliebte Menschen auf mich und es beginnt ein neuer Lebensabschnitt mit meiner Stephanie in einer Wohnung die ich bisher noch nicht wirklich kennengelernt habe. So schwer mir der Abschied von Kyoto fällt, so erfreut bin ich doch endlich wieder richtig "nach Hause" zu kommen. Ich habe in diesem Jahr viel gelernt. Viel über mich, über die Welt und natürlich über mein Gastland Japan. Unerwartete Vorlesungen haben mich auch in ganz andere Dinge eingeführt. NPO's, Natur- und Umweltschutz und Satoyama, lokale Bürgerzusammenschlüsse die mitten in Kyoto einen Kompost und einen Gemüsemarkt betreiben, Europäische Geldpolitik, Literatur, das Dream-Team Trenson/Zsombor die für unglaublich gute Diskussionen und total verrückte Einblicke in japanischen esoterischen Buddhismus sorgten, das japanische Unisystem und ein kleines Forschungsprojekt unter Kawai-Sensei, die ich sehr zu schätzen gelernt habe. Viele Leute wurden als Freunde gewonnen, Sofas in unzähligen Ländern stehen bereit um bewohnt zu werden. Die Japanischkurse waren retrospektiv wohl auch sehr nützlich, einige waren schnarchig, andere sehr gut, alle habe ich schleifen lassen.

Als angehender Kulturwissenschaftler war es natürlich mein Vorsatz, Land und Leute kennenzulernen. Dank eines kleinem Stipendiums und dem unglaublich günstigem Wohnheim der Uni konnte ich viel reisen. Ich habe zwischen Okinawa und Tokyo alle größeren Sehenswürdigkeiten besucht, war viel in Hostels unterwegs und hatte dort Kontakt zu Einheimischen und viele denkwürdige Gespräche. Vor allem Miyako-jima in Okinawa war interessant, die Leute dort sind so anders und wir verbrachten viele Nächte mit Kochen, Reden, Bier und Diskussionen über Deutschland und Japan. Trotz doch recht ausgedehnten Reisen durch Japan habe ich viel noch nicht gesehen. Aus finanziellen Gründen konnte ich nicht mehr nach Hokkaido und auch Tohoku musste ich links liegen lassen. Ich wäre gerne nach Fukushima gefahren, nach Aomori, Sapporo und die weite Natur Hokkaidos, aber irgendwann war dann das Limit erreicht.

Seit die Uni vorbei ist habe ich einiges an Reisen gemacht. Deswegen gab es auch relativ wenige Einträge, mir fehlte einfach die Zeit. Ich versuche das jetzt mal nachzuholen.

Zu erst einmal ist Sommerzeit in Japan Feuerwerkszeit. Fast jede Woche gibt es größere oder kleinere Feuerwerke, eines der größten Japans ist am Biwa-See in Ôtsu. Da ich Ôtsu mittlerweile recht gut kenne bin ich mit dem Fahrrad hingefahren und das war eine gute Entscheidung, die Züge waren komplett überfüllt. Hier ein paar Impressionen vom Feuerwerk. Einige der Explosionen waren dermaßen gigantisch, dass ich sie nicht mal mit Weitwinkel einfangen konnte. Man konnte sie auch im ganzen Körper spüren...





Zwei Tage später war dann schon Hanabi in Uji, direkt am Fluss. Das war signifikant kleiner als das in Ôtsu, aber nicht minder schön, da wir mit vielen Leuten dort waren, Bento aßen, Bier tranken und einen super Platz bekommen haben da wir schon früh dort waren. Nach dem Feuerwerk selber wurden wir außerdem von einer netten Japanerin zum Essen und Trinken eingeladen und so konnte ich, obwohl ich eigentlich nicht feiern wollte, doch noch ein wenig in meinen Geburtstag reinfeiern.





Recht bald danach kam dann Simone für eine Woche nach Kyoto, und ich habe die Gelegenheit genutzt sie ein wenig rumzuführen und gleichzeitig noch einmal Orte zu besuchen die ich vor der Abreise noch einmal sehen wollte. Wir waren beim Tanabata-Fest, bei den Rehen in Nara und an vielen Orten in Kyoto. War eine sehr geschäftige, aber erfolgreiche Woche, würde ich mal sagen. Den Abschluss bildete dann der Höhepunkt des Obon-Festes in Kyoto, das Gozan-no-Okuribi, bei dem an 5 Bergen in Kyoto große Symbole angezündet werden. Es war eng, heiss und unspektakulär, aber doch irgendwie cool.














Danach folgte mein Gegenbesuch in Kyûshû und meine Reise nach Tokyo, inklusive Sonnenaufgang auf dem Fuji, aber das werde ich dann im nächsten Eintrag festhalten.... Bis bald! In 2 Tagen bin ich wieder daheim! :)

Freitag, 10. August 2012

World Cosplay Summit 2012 in Nagoya

Ich war beim WCS, juchu.

Wie üblich erst einmal noch der Hinweis auf meinen Tumblr Fotoblog, wo ich zeitweise besonders schöne Fotos in hoher Auflösung poste: http://whisi.tumblr.com/

Erst einmal die grundsätzlichen Rahmenbedingungen zum Event:

Der Ausflug fand statt vom 3.-5. August in Nagoya beim World Cosplay Summit, einer Art Wettbewerb der Nationen wer das beste Kostüm basierend auf einer Anime/Manga/Videospiel Vorlage herstellen und damit auf einer Bühne auftreten kann. Veranstaltet wird das Ganze von TV Aichi und die letzten 10 Teams im Wettbewerb werden live im TV übertragen. Klingt nerdig? Ist es auch. Aber kurioserweise war das einer meiner lustigsten Wochenenden bisher hier.

Deswegen danke ich auch erst einmal Iris und Patrick, die mir ganz spontan ermöglicht haben mich ein wenig als Übersetzer zu betätigen, was mir Zutritt zu so ziemlich allen Bereichen des Events beschafft hat. Fettes Dankeschön auch an das deutsche Team, die "Rainbow Riders", die sich spontan meiner angenommen haben.

Zu den Gründen, warum das Ganze eine abgekarterte TV-Show ist und ich manchmal den Tränen nahe war bei einigen Sachen die ich mitbekommen habe möchte ich nicht viel schreiben, ich bin nicht tief genug drin und nicht interessiert daran noch mehr Halbwissen zu verteilen, aber lasst mich eines gesagt haben: Spaß hatten trotzdem alle. In diesem Sinne ist das Olympia-Motto bei der Veranstaltung noch mehr angebracht als sonstwo.

Wie auch immer, am Freitag kam ich erst einmal in Nagoya an und bin per pedes vom Bahnhof Richtung Sakae gelaufen, wo heute die Proben stattfinden sollten. Außerdem hoffte ich dort Kontakt zu den Homies aufnehmen zu können. Nagoya selber ist eine moderne Großstadt in der nicht mehr viel altes steht. Die Stadt war Industriezentrum im Krieg und wurde dementsprechend genau wie Tokyo dem Erdboden gleich gemacht. Je mehr ich von Japan sehe, desto deutlicher wird, wie einzigartig meine Stadt Kyoto ist.


 

Am Oasis 21, dem Veranstaltungsort, lief schon geschäftiges Aufbauen der Bühne und ich habe mir ein wenig die Gegend dort angeschaut und dann auch Kontakt zu Iris bekommen. Vom Starbucks aus sah ich dann die ganze Gruppe vorbeilaufen und hab mich gleich mal auf sie gestürzt, erst später fiel mir ein, ich sollte mich vielleicht bei neuen Bekanntschaften mit Namen vorstellen, haha. :D





Und dann gingen die Proben los. Alle 20 Teams mit Einweisung, Stellprobe und 2 Versuchen. Ich kann jetzt nicht behaupten ich hätte das unendlich genossen, aber es war dennoch ganz interessant anzusehen und der gute Patrick hat mir zwischenzeitlich mein Translater Badge organisiert was ich nach einem kurzen Gespräch auf Japanisch mit der verantwortentlichen Dame dann auch in Empfang nehmen konnte. Mal ein paar Impressionen von der Probe.





Zwischenzeitlich war ich mal in meinem Hostel einchecken und nach dem abendlichen Feierabendbier im besten Zimmer bin ich dort dann  auch wieder mit der letzten U-Bahn hingeschlurft. Der nächste Tag war vor allem: heiss.Erstmal raus aus dem Hostel und ab zum Nakau, ein Salada-Set zum Frühstück reinziehen.



Nachdem ich wieder zurückgeschlurft bin zum International Hotel, wo alle anderen untergebracht waren, begann für die Teilnehmer einer der üblichen Marathons aus kleinen Bühnen, warten, herumsitzen, Däumchen drehen und hin- und herlaufen. Das ganze gipfelte dann auf dem roten Teppich draußen auf der Straße. Hier also der Großteil der Teams:







Los gehts mit der Parade.










Die "Observer Countries" die aus politischen Gründen (dank China) nicht teilnehmen durften (Taiwan und Hong Kong wenn ich richtig liege) waren eh die coolsten...


Und noch einmal zurück für alle gemeinsam.







 Nach dem ganzen Gerenne ging es dann recht fix wieder rüber ins Oasis 21 und die Vorbereitungen für das Finale wurden getroffen. Für Patrick und ich hieß dass, wir hijacken die Bühnenkulisse des deutschen Teams! Die war nämlich sehr... flugfreudig. May'n kam dann auch noch zum proben vorbei.






Danach gings dann los, großes Finale, woho! Große Anspannung im Hotel, versuchen die Erlaubnis zum "Fotos machen" vor der Bühne zu bekommen (Japanischskills +1) und Patrick kämpfte verzweifelt damit einen Livestream aufzusetzen. (German Engeneering +5). Aber am Ende hat alles geklappt und wir saßen in der ersten Reihe direkt neben der Jury, haha. :D














Halbzeitpause. May'n tritt noch einmal auf und einige Cosplayer von Cure hüpfen über die Bühne. Der May'n Fanclub ist wie immer dabei - sugoku moriagateru.










Aus und vorbei! Japan auf Platz 4, der Rest relativ gut verteilt wie ich fand... aber dann kam die ominöse Zuschauerwertung mit den gezählten "ii ne" Schildern. Deutschland rutschte ab von Platz 10 auf 17 und Japan gewinnt. Es gibt einige Gründe Zwischenwertungen, hichgehaltene Schilder und die Übertragungspolitik des TV-Senders, die es ziemlich seltsam machen würde wenn ein Team gewänne, das gar nicht live im TV gezeigt wurde, und dem Publikum so gar nicht bekannt ist, argwöhnisch zu betrachten, aber nachdem der erste "Aha, Japan?" Kloß den Hals verlassen hatte muss ich zumindest aus Zuschauersicht sagen, dass es ein ziemlich heisses Event war das ich definitiv jederzeit wieder besuchen würde. Als Übersetzer, natürlich. ;-) Je nach finanzieller Situation, vielleicht sogar nächstes Jahr, von Anfang an, dann gleich offiziell? Mal schauen, ob mich wer dabei haben will und was mein Geldbeutel sagt... Auf jeden Fall müsste dann meine bessere Hälfte auch mitkommen.... :D

Siegerehrung!



Und dann ging es feucht fröhlich ins Hotel. Die anderen belagerten schonmal den Flur im 2. Stock während wir im Kombini Abendessen und Bier besorgten, aber als wir zurückkamen gab es schon Stunk. Seltsame Stille im 2. Stock und angeregte Diskussionen mit dem Hotelpersonal liesen uns ersteinmal aufs Zimmer verschwinden.... und keine 30min später hatten alle andere ebenfalls die Idee in dieses Zimmer zu verschwinden. Roomparty, yeah. Ich weiß nicht mehr genau wie ich heimkam, auf jeden Fall irgendwie zu Fuß durchs nächtliche Nagoya, aber irgendwie bin ich am nächsten Tag und nach nur 5 Stunden Schlaf komplett nüchtern und kein bisschen müde aufgewacht.

Am letzten Tag für meine Wenigkeit war ein Besuch des Tempelfestes (Ôsu Kannon) angesagt. Dort ist das ganze Wochenende über Programm, der Besuch der Cosplayer war nur ein Punkt davon, aber was für einer! Tausende Zuschauer und hunderte Cosplayer drängten sich schon früh auf dem Tempelgelände um an der Parade durch die Einkaufsstraße teilzunehmen. Ausgerüstet mit einem Pressepass machte ich mich auf die Suche nach den anderen und am Ende war ich dann Rowdie für Patricks Kameraequipement und bin mit der Parade mitgelaufen.
Da mein Akku schwach und meine Speicherkarte voll war, hier nur ein paar Impressionen davon.







Für mich war die Ôsu Parade fast das Highlight, denn hier konnte man tatsächlich die Leute beim Ausüben ihres Hobbies beobachten. Mit einigen kam ich auch ins Gespräch (Arararagi....) und im Prinzip war das WCS Wochenende genau das was ich mir von der Comiket erwartet habe damals, nämlich ein frohes Zusammentreffen von Fans wie ich das aus Deutschland kenne. Wie ich damals schon geschrieben habe ist die Comiket eher ein Tummelbecken für halblegale Pornosammler, deswegen war Nagoya für mein Eindruck der japanischen Cosplay-Szene um so wichtiger.

Deswegen noch einmal ein fettes Dankeschön an Patrick und Iris die mir die Einblicke hinter die Kulissen verschafft haben und natürlich unser deutsches Team, die mich dort auch akzeptiert haben. Wir sehen uns in der Heimat wieder! :-)